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Aus der Geschichte von Utzenstorf

Alt- und Mittelsteinzeit

Die Rhone- und Aaregletscher bilden bei ihrem Rückzug die markante, flache Gegend zwischen Kirchberg und Utzenstorf. Jahrhundertelang schlängelt sich die Emme zwischen Koppigen und Utzenstorf. Deshalb heisst das erste Haus nach dem Utzenstorfer Wald in Richtung Koppigen «Emmehüsli».

Jungsteinzeit

Einwohner/-innen hinterlassen Speerspitzen und weitere Utensilien bei den «Bachtelenbrünnen» und auf dem «Bürglehubel». Jeremias Gotthelf beschreibt in «Dursli der Branntweinsäufer» die Fundorte später als ehemalige Fluchtburg.

Eisenzeit

Das Schloss Landshut, gelegen in einem Überschwemmungsgebiet, dient vermutlich schon in frühen Zeiten als Rastplatz für Jäger.

In einem einzelnen eisenzeitlichen Grab wird beim Kiesabbau im oberen Schneggenacher eine Gürtelkette gefunden.

Römische Zeit

Um das 1. und 2. Jahrhundert befindet sich wahrscheinlich ein Wehrturm zur Sicherung der Verkehrswege am Jurafuss (Emme und Aare), der aber keine Spuren hinterlässt.

Die Römer bestatten die Leichenbrände von Verstorbenen mit Beigaben, darunter Keramik, Fibeln, Eisenfragmente und Münzen, auf der Flur im «Chölfeld». Diese Brandgräber liegen entlang eines Weges, der vom Gutshof in Ersigen-Murain in Richtung Solothurn führt (was aufgrund der Funde in den Jahren 1999 und 2001 vermutet wird).

Eine Münze wird auf dem «Bürglenhubel» hinterlassen. Sie trägt das Bild des Kaisers Antoninus Pius, der von 138 bis 161 regierte.

Antike / frühes Mittelalter

Nach den Römern siedelt sich in dieser Gegend wahrscheinlich eine Hundertschaft Alemanische Krieger an. Diese bauen 50 Doppelhäuser entlang des Dorfbaches, sogenannte Alemannenhäuser, und teilen das Gebiet unter sich auf. Ihr Anführer heisst Uzzi oder Uzzo, weshalb das Dorf wohl später seinen Namen Utzisdorf – heute Utzenstorf – erhält.

Frühes Mittelalter

Um das Jahr 933 zur Zeit der Königin Berta gehört die Gegend zum Königreich Hochburgund. Ihre Tochter, Kaiserin Adelheid, vermacht im Jahr 999 ihren Besitz der Kirche, wozu auch Besitztümer aus der Gegend gehören.

Im Jahr 949 erfolgt die erste urkundliche Erwähnung von Utzenstorf, 1253 jene von Landshut.

Im Jahr 1000 werden Teile des ersten fassbaren Gotteshauses hinterlassen und später mit der Kirche St. Martin verbaut. Sie gilt als Geländedenkmal des Kantons Bern.

Mittelalter

Die Ritter schmücken ihre Helme mit Lindenzweigen, weshalb das Wappen von Utzenstorf vier gekreuzte Lindenblätter zeigt.

Spätes Mittelalter

Im 12. Jahrhundert erbauen die Herzöge von Zähringen wahrscheinlich die erste Burganlage. Ihre Nachfolger sind die Kyburger. Im Gümmenkrieg von 1332 wird das Schloss zerstört und wieder aufgebaut.

1362 erhält das Dorf seinen Namen «Utzistorf», der im Berndeutschen beibehalten wird. Diese Bezeichnung ersteht aus Uranestorfus, später Uzansdorf, Uzzestorf, Utzistorf und schlussendlich Utzenstorf.

Um 1437 kaufen Heinrich Zigerli, ein wohlhabender Käsehändler, und seine Familie das Schloss Landshut. Sie nennen sich «von Ringoltingen» und legen ein umfassendes Güterverzeichnis an: Das Landshuter Urbar im Staatsarchiv.

Der Nachkomme von Heinrich Zigerli, Thüring von Ringoltingen, übersetzt 1479 den Roman «Die schöne Melusine». Später übergibt er das Schloss seinem Schwiegersohn Ludwig von Diessbach.

Frühe Neuzeit

1528 findet die Berner Reformation statt. Auch Utzenstorf wird reformiert.

1558 gibt es in Utzenstorf mittlerweile 123 Haushaltungen und zirka 600 Einwohner/-innen.

1612 verfügt Utzenstorf über eine der ersten Schulen im Kanton Bern.

1653 teilt sich Utzenstorf im Schweizer Bauernkrieg in «Linde» und «Harte». Nach dem Krieg werden schwere Strafen ausgesprochen, woraufhin sich das Dorf mit einem untertänigen Brief entschuldigt, der im Dorfbuch abgeschrieben steht.

1654, nach dem Krieg, gibt es in der Kirchgemeinde Utzenstorf (Utzenstorf, Wiler und Zielebach) 135 Haushaltungen und zirka 850 Einwohner/-innen.

1760 wird die Dreifelderwirtschaft aufgehoben. Es entsteht die «Kornkammer des Kantons».

1796 wird der berühmte Berner Mathematiker Jakob Steiner in Utzenstorf geboren.

1798 erfolgt am 5. März die Schlacht bei Fraubrunnen. Die Franzosen plündern Utzenstorf und das Schloss Landshut. Todesfälle müssen akzeptiert werden.

Bis 1800 gelten die Rechte und Pflichten der Alemannen auf den alten Bauerngüter. Jeremias Gotthelf verwendet deshalb den Namen «Güterbub».

1800 besuchen 100 Kinder die Unterstufe und 190 Kinder die Oberstufe.

1800 brennen infolge von Streitigkeiten in Utzenstorf 14 Häuser ab.

1805 zieht Albert Bitzius, bekannt als Jeremias Gotthelf, mit seiner Familie nach Utzenstorf. Hier verbringt er seine Jugend und Vikarzeit (Pfarrer in Ausbildung).

Neuzeit

1873 startet der Bau für die Bahnlinie Solothurn-Burgdorf mit Gleisanschluss an die Papierfabrik Utzenstorf.

1893 werden die Papierfabrik Utzenstorf und die moderne Mühle Landshut gegründet.

1903 hält die Elektrizität und 1909 die Wasserversorgung Einzug im Dorf.

Am 14. Juni 1910 tritt die Naturkatastrophe «Emmegrösse» ein. Die Emme durchzwingt in der «Altwyde» den von Mäusen durchlöcherte Damm. Diese Stelle bleibt als «Dammbruch» in Erinnerung. Durch die Überschwemmung werden Felder, schöne Äcker, menschliche Behausungen, Industrieanlagen und Bauernhöfe meterhoch überschwemmt.

1919 wird die Genossenschaft Kies- und Sandwerke Utzenstorf gegründet. Sie bezweckt die Ausbeutung von Kies und Sand aus der Emme und Verwertung des gewonnenen Materials.

1926 wird der Kirchenturm erhöht.

1927 organisiert der in Höchstetten geborene und in Utzenstorf aufgewachsene Müllersohn, Ernst Nyffenegger, in Utzenstorf den Passagierflugtag. Später arbeitet er als Swissair-Pilot und ist Gründungsmitglied der Swissair. Sein Name bedeutet ein Markstein in der Geschichte der Schweizerischen Zivilluftfahrt.

1928 landet ein Meteorit bei der Gerberei Egger gegenüber der Bahnstation, der später im Naturhistorischen Museum Bern ausgestellt wird.

1936 findet mit 24'000 Männern der zweiten Division vor 70'000 Zuschauer/-innen zwischen Kirchberg und Utzenstorf ein grosses Defilee statt. Den Vorbeimarsch beobachten Bundesrat Rudolf Minder, Oberstkorpskommandant Henri Guisan und weitere höhere Offiziere auf den Ehrenplätzen vor der Tribüne.

1939 erfolgt die grosse Güterzusammenlegung respektive Melioration als Arbeitsbeschaffungsmassnahme.

1940 befindet sich ein Militärflugplatz im Oberdorf. Die Startbahn verläuft in Richtung Ost-West, ungefähr in der Mitte zwischen dem Bauernhaus der Familie Wymann und dem Neuhüsi.

Am 17. August 1943 muss ein amerikanischer Bomber in Utzenstorf landen. Die Mannschaft wird entwaffnet, in Gewahrsam genommen und vorübergehend im Hotel Bären einquartiert. 75 Jahre später informieren Medienberichte über das Ereignis (siehe rechte Spalte).

1944 fliegt im Mai ein amerikanischer Bomber über Utzenstorf, dessen Mannschaft mit Fallschirmen im Emmental abgesprungen ist. Der Bomber stürzt in den Wald zwischen Jegenstorf und Grafenried.

Von 1939 bis 1945 spukt die Idee eines Grossflughafens in Utzenstorf in den Köpfen aus Berner Wirtschaft und Politik. Mit Protestversammlungen der Bauern wird signalisiert, dass die Verschandelung dieser fruchtbaren weiten Ebene zwischen Kirchberg und Utzenstorf nicht akzeptiert wird. Am 22. Juni 1945 bezeichnet die Bundesversammlung Zürich-Kloten als Standort des interkontinentalen Flughafens.

1954 entsteht das Jeremias Gotthelf gewidmete Gotthelfschulhaus.

1960 beginnt der Bau des Autobahnteils A1. Dabei wird eine grosse bauliche Entwicklung vorausgesagt.

1986 bis 1993 wird das Mehrzweckgebäude mit Kirchgemeindehaus an das bestehende Gotthelfschulhaus gebaut.

1991 hat das Feuer der 1. August-Feier eine Höhe von 50 Meter und wird im Guinessbuch der Rekorde eingetragen.

1997 finden Vorarbeiten für den Bau der Schnellbahn statt, darunter wird die Wildquerung und Renaturierung des ehemaligen Oberholzbaches entlang der Autobahn erledigt.

2004 wird am 12. Dezember die Schnellbahnstrecke «Bahn 2000» eröffnet.

2014 beginnt die Sanierung der Wasser- und Abwasserleitungen in vier Etappen.

2014 wird am 18. Mai der Weiterführung der Fusionsabklärungen untere Emme und der Verlängerung der Amtsdauer bei Weiterführung der Fusionsabklärungen zugestimmt.

2014 wird im August der Bau von 48 Wohnungen und 57 Einstellhallen-Plätzen im Auftrag der KPG Versicherungen AG abgeschlossen.

2015 wird am 8. März die Fusion der Gemeinden Bätterkinden, Utzenstorf, Wiler und Zielebach abgelehnt.

2017 stellt die Papierfabrik Utzenstorf ihren Betrieb nach 125-jährigem Bestehen ein. Das Areal wird als Landreserve an die Genossenschaft Migros Aare verkauft.

Quellen

Archäologie im Kanton Bern ISBN 3-258-06076-2
Schloss Landshut ISBN 3-258-02951-2
Zur Geschichte des Schloss Landshut 1996 H. v. Fischer Bern
Die Reformierte Kirche von Utzenstorf G. Kurz 1969
Utzenstorf im Spiegel alter Fotos und Postkarten Singer + Co. Utzenstorf

Weitere Informationen finden Sie hier.

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